
Wer soll das bezahlen?
Wer hat so viel Geld?
Mit Blick auf die medizinische Versorgung handelt es sich begrüßenswerterweise um eine Frage, die man sich nicht stellen muss. Seit dem 01.01.2009 gilt in Deutschland sogar Versicherungspflicht und nicht krankenversichert zu sein, ist teuer – Beiträge werden recht humorlos und mit Säumniszuschlag nachgefordert.
Kurzum, wer in Deutschland krank ist, geht zum Arzt und ihm wird geholfen. Abgesehen von Selbstbehalten und Eigenanteilen zahlt die jeweilige gesetzliche Krankenkasse bzw. die private Krankenversicherung.
Beide Formen der Krankenversicherung werden stetig teurer – was schlichtweg daran liegt, dass medizinischer Fortschritt Geld kostet und Ärzte ganz ordentlich bezahlt werden. Andererseits rate ich jedem, der dem Jammern anheimfallen möchte, weil er so viel arbeitet und so wenig schläft, sich mit einem Assistenzarzt in der Unfallchirurgie zu unterhalten. Mit einem Mal ist man gar nicht mehr so müde und kaputt …
Nach welchen Kriterien entscheidet die Krankenversicherung, welche Leistungen bezahlt werden?
Hier gibt es unterschiedliche und weitreichende Ansätze in der GKV respektive der PKV.
In der GKV gilt das sogenannten Wirtschaftlichkeitsgebot (SGB V §12 Abs. 1):
„Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“
Viele GKV-Versicherte wissen das nicht und reagieren entrüstet. – Und so richtig nett liest sich das ja auch nicht. „Sorry, Dich zu operieren ist mit zu geringen Erfolgsaussichten verbunden und dabei zu teuer. Das ist unwirtschaftlich.“ Na, besten Dank.
Nun war dem Hamburger Abendblatt aber immerhin zu entnehmen, dass auch eine 72-Jährige, sofern topfit unter Umständen Anspruch hat auf eine Stammzellenbehandlung – die 110.000 € kostet. Allerdings erst, nachdem sie geklagt hatte. Ihre Kasse hatte mit Verweis auf oben zitiertes Wirtschaftlichkeitsgebot zunächst abgelehnt. Und hätte die Versicherte an Leukämie sterben lassen.
Abendblatt: Stammzellen für alte Dame
Medizin statt Wirtschaftlichkeit
In der PKV gilt das Prinzip der medizinischen Notwendigkeit. Auch „Notwendigkeit“ lässt jetzt nicht unbedingt Partystimmung aufkommen. Aber: Das Kriterium ist eindeutig medizinischer Natur und nicht wirtschaftlicher. Versicherte werden also wie Patienten behandelt und nicht wie ein bewegliches Wirtschaftsgut mit Verfallsdatum.
Was eine Behandlung kostet, ist hier nachrangig. Geprüft wird, ob der Versicherte krank ist. Als krank gilt: „anormaler Körper oder Geisteszustand, der eine nicht ganz unerhebliche Störung […] mit sich bringt.“
Und, ob es sich bei der gewünschten Behandlung um eine Heilbehandlung handelt: „jegliche ärztliche Tätigkeit […] die auf Heilung, Besserung oder Linderung einer Krankheit abzielt.“
In einem Urteil vom 2.10.2012 wurde daher einem privat Versicherten Recht gegeben, der die Kosten seiner LASIK-Augen-OP erstattet haben wollte. Er war nicht altersbedingt weitsichtig und konnte Brille und Kontaktlinsen nicht ohne Beschwerden tragen.
Dies scheint der entscheidende Punkt gewesen zu sein. In anderen Verfahren war dem Versicherer Recht gegeben worden, der vertreten hatte, dass es sich um keine medizinisch notwendige Behandlung handle, da vergleichsweise einfach mit Brille oder Kontaktlinsen Abhilfe geschaffen werden könne.
Versicherungsjournal: Wenn der Krankenversicherer die Leistung verweigert
Wer soll das bezahlen?
Noch zahlen sie, die gesetzlichen Kassen. In Anbetracht der demographischen Entwicklung, die ja nicht nur für die Gesetzliche Rentenversicherung sondern gleichermaßen für die Gesetzliche Krankenversicherung große Hürden bereithält, muss man allerdings gespannt sein, wie es zukünftig um die „Wirtschaftlichkeit“ von Behandlungen bestellt sein wird.
Dazu in aller Ausführlichkeit und recht unterhaltsam Prof. Raffelhüschen.
Private Krankenversicherer haben deutlich weniger Spielraum. Wenn ein Versicherter krank ist und die Behandlungsmethode zielführend ist, wird gezahlt – vorausgesetzt die Behandlung ist Bestandteil der versicherten Leistungen.
In beiden Fällen scheint absehbar ratsam, über eine Rechtsschutzversicherung nachzudenken. Eine Heilbehandlung haben zu wollen und sie zu bekommen, sind nicht immer kongruent.
Außerdem empfiehlt es sich, als privat Versicherter vorab (!) zu klären, ob der Versicherer für die Behandlung aufkommt.
Am allerbesten bleiben wir alle einfach gesund und munter.
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